Wege

Nach längerer Zeit mal wieder ein Kurs beim KL. Wie ein Luchs (oder Fuchs oder welches Tier auch immer) hatte ich den richtigen Zeitpunkt zur Anmeldung und somit einen der wenigen Plätze erwischt.
 
Beim Vorbereitungsabend: Altvertraut, einige bekannte Gesichter, einige neue. Ein eigentlich spannendes Thema, aber auch die geplante Umsetzung hatte viel Altvertrautes. Ein gedachtes „hmmm“ meinerseits, das erste Zweifel hochkommen ließ.
 
Der erste Exkursionstag: Treffen am Eisernen Steg. (der an dem Tag ungeplant auch noch Inspiration für eine andere Idee wurde, aber das ist nicht nur eine andere Idee sondern auch eine andere Geschichte) Am Main entlang, Westhafen, Gutleut – jeder Meter erinnerte mich an andere Zeiten und Themen, fast jedes Bild fühlte sich an wie uninspiriertes Geknipse. Die Mittagspausenpizza war lecker, die Gespräche auch durchaus nett, aber das zweifelnde „hmmm“ in mir breitete sich weiter aus.
 
Den zweiten Exkursionstag schwänzte ich mehr oder weniger, noch mehr Wiederholungen brauchte ich nicht, und zu vieles tat weh. Dafür immerhin mittags bei Oktobernieselregen für ein Stündchen an den Rhein, und da überfiel mich die Idee für meine Umsetzung des Themas aus dem Hinterhalt. 
 
Bei Ideen habe ich ja meistens nichts dagegen, wenn sie mich aus dem Hinterhalt überfallen, im Gegenteil. Und so ging ich gleich wieder ein wenig flotter und guckte vermutlich ein wenig weniger missmutig, während ich über die Umsetzung nachdachte.
 
Der Nachbereitungsabend einige Wochen später war dann wieder genauso altvertraut wie der Rest, und alleine die Flut an Bildern erschlug mich. Komisches Bild, müsste sie nicht über mich hinwegschwappen oder mich mitziehen – in jedem Fall: ich musste danach erstmal tief durchatmen – und mich hoffentlich an diese Lektion erinnern, wenn mich das nächste Mal die Idee „Man könnte ja mal wieder…“ überfällt.  

 

Fundbuero

Im Fundbüro

Im Fundbüro für fast vergessene Träume. Plötzlich liegt er vor einem, dieser alte Traum, umgeben von unzähligen anderen, die nicht meine sind oder waren, alle wie verlassene Kätzchen im Tierheim darauf wartend mitgenommen zu werden.

Verblasst vom Licht und Schatten der Zeit ist er, der einstige Glanz ein wenig stumpf geworden, ein paar lose Fäden hängen heraus, haben sich ent-wickelt im Laufe der Jahre. Ließe sich bestimmt mit Geduld und Traumpolierpaste wieder hinbekommen.

„Ist das Ihrer?“ fragt der Traumfundbürovorsteher mit den müden Augen.

„Nein“, antworte ich nach kurzem Zögern, „das ist er nicht“ und gehe ohne mich umzusehen hinaus.

Ostseerandschreiben

Oben: Eine bunte Mischung aus einer Woche Ostsee.

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Und ab hier: eine etwas andere Art Bilder

Eine der Aufgaben der vergangenen Woche war, Peter Wehrli nachempfundene Katalogbeobachtungssätze zu schreiben. Beobachten kann ich ganz gut, aber bei den Sätzen wehrte sich etwas in mir gegen die relativ strenge Form:

„Jedes Bild wird nur mit einem einzigen Satz erfasst, dessen Hauptsatz wie ein Katalogtext ohne Prädikat auskommt.“

Jetzt, mit etwas Abstand habe ich mich nochmal an der Umwandlung meiner Beobachtungen in „Katalogsätze“ versucht.

Am besten gefällt mir aber gerade die Auswirkungen, die diese Art zu beobachten auf meine Fotografie hat: gäbe es keinen Satz dazu, wäre es auch kein Foto wert. (Der Konjunktiv deshalb, weil ich weder meine Bilder beschreiben will noch die Texte bebildern.) Mit der Frage nach dem Satz im Kopf finde ich auf einmal viel besser heraus, was mich an einem Motiv oder Nicht-Motiv fesselt.

Und hier die frisch aufbereiteten Sätze:

Die Liegestühle, die sich wellenförmig auf der Seebrücke verteilen, die echten Wellen unter sich imitierend.

Der Horizont, der als eine hellgraue Kante den grauen Himmel vom grauen Wasser trennt.

Das Meer, das sich flaschengrün unter der Seebrücke kräuselt.

Die Möwen, die spöttisch von der Buhne herüberkrächzen und ihre eigenen Sätze bilden.

Die Ritzen zwischen den Planken, durch die sich grau und grün in regelmässigen Abständen abwechseln.

Die Graffiti am grauen Poller, die sich nicht trauen, das allgegenwärtige Grau zu durchbrechen und sanftmonochrom den Protest ihrer Schreiber zum Ausdruck bringen.

Menschen am Strand, die mit hochgezogenen Krägen und Kapuzen dem kühlen Märzwind trotzen, während die Gesprächsfetzen aus ihren Mündern wehen.

Die Frisuren der Reiherenten, die kein Gel benötigen um sich wildstrubellig gegen den Wind aufzulehnen.

Das Schild „Dampfanlegerbrücke für ankommende Bäderschiffe“, das die Frage aufwirft, wo sie denn wieder abfahren.

Das Restaurant „Feuerstein“, das die Schreiberin dieser Sätze überlegen lässt, ob es Wilma und Fred gehört.

Das Hotel „Atlantik“ an der Ostsee, das mich stutzen lässt. Ob es irgendwo am Atlantik wohl ein Hotel „Ostsee“ gibt?

Die Sprung in der Ostsee, nein in der Scheibe, die Strandpromenade von Strand trennt und der die Sinnhaftigkeit dieser Trennwand noch mehr in Frage stellt als ohnehin schon.

Das „Nie“ in Niendorf, das ich lese und sofort danach innerlich zu „sag niemals nie“ korrigiere.